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Die Suche nach dem verlorenen Päckchen



Für die Strecke zur Elfenbeinküste müssen wir weit ins Landesinnere, entlang der Küste gibt es leider keine befahrbare Straße. Der deutliche Umweg wird jedoch mit beeindruckender Landschaft belohnt. Wie schon im letzten Abschnitt von Sierra Leone, kämpfen wir uns entlang schmaler Pisten durch den Dschungel, hier und da passieren wir kleine Dörfer. Es ist wie überall auf unserem Weg: Je schlechter ausgebaut der Weg, desto freudiger winken die Leute einem zu. Existiert jedoch bereits eine Straße, so sind Passanten nichts Besonderes mehr, außerdem ist man viel zu schnell für ausreichend Blickkontakt. Trotzdem ist natürlich ist eines klar: Nichts ist wichtiger für die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents als Straßen.

Dies wird uns umso mehr verdeutlicht, als wir nach einer Nacht schweren Regens an einer Baustellenumleitung zum Halten kommen: Zwei halb im Schlamm versunkene LKWs versperren den Weg, hinzu kommt wenige Minuten später ein Pickup, dessen waghalsiger Fahrer nicht davor zurückschreckt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und die LKWs zu umfahren. Trotz Geländewagen findet auch er im knietiefen Schlamm seinen Meister. Das Publikum johlt. Wir warten. Rettung erscheint in Form von Chinesen, welche – als Verantwortliche für die Baustelle – mit einem halben Maschinenpark anrücken und in einem großen Kraftakt für klar Schiff sorgen.

Im nächsten Dorf auftanken – auf die klassische Art mit Ansaugen. Der weitere Weg führt uns durch das Nimba Gebirge, gelegen im Dreiländereck: Liberia, Guinea, Elfenbeinküste. Wir entschließen uns zu einem Wanderausflug in der Nähe von Yekepa. Den ersten Teil können wir auf einer asphaltierten Straße mit unserem Auto zurücklegen, ab dann geht es zu Fuß weiter. In der Vergangenheit wurde in dieser Region Eisenerz abgebaut, nach Ausbruch des Krieges hat sich die Minengesellschaft jedoch bald zurückgezogen. Heute zeugen nur einige zurückgelassene, rostige Maschinen und die grasbewachsenen, terrassenartigen Bergkuppen von der Vergangenheit. Oben bietet sich uns ein umwerfender Ausblick auf das bergige Hinterland Liberias und der Elfenbeinküste. Unseren Wagen parken wir versteckt auf einem kleinen Plateau in idyllischer Umgebung. Als die Nacht hereinbricht und die Temperaturen deutlich abkühlen, vernehmen wir das ungewohnt gewordene Gefühl zu frieren und kosten es förmlich aus, bis wir uns schließlich in unserem liebgewonnen Bus lang machen.

In einem kleinen Dorf kurz vor der Grenze dann dann das Malheur: Aufgrund eines Missverständnisses beim Tanken an einem Straßenstand wird unser Tank mit Diesel gefüllt, was wir erst merken, als nach wenigen Sekunden unser Motor kläglich versagt. Nachdem wir dem Händler unsere Unzufriedenheit bekundet haben, machen wir uns an die Arbeit. Umringt vom halben Dorf. Wir werden mit Ratschlägen überhäuft und ein jeder will sofort anfangen, irgendwo an unserem Auto herumzuschrauben. Nur schwer können wir unsere Helfer davon überzeugen, dass wir uns selbst die Hände schmutzig machen wollen. Den gut gemeinten Vorschlag, den Tank einfach auf den Boden zu entleeren, lehnen wir dankend ab und bestehen immerhin auf einen alten Plastiktank. Aufbocken, abmontieren, spülen, montieren, tanken, zünden. Moment der Wahrheit. Nach mehreren Versuchen springt der Motor an, kämpft eine Minute lang… und läuft!

Wir reisen in die Elfenbeinküste ein, per Zufall gemeinsam mit Gee. Nach 20km Piste setzt eine gut ausgebaute Straßen ein, verschiedenen Stimmen zufolge soll uns dieser Zustand bis nach Nigeria begleiten. Die erste Nacht verbringen wir auf dem Parkplatz des Hôtel des Cascades in Man, einer Stadt in den Ausläufern des Nimba Gebirges.

Am nächsten Tag steht uns die lange Fahrt nach Abidjan bevor. Auf dem Weg machen wir Halt in Yamoussoukro, Hauptstadt der Elfenbeinküste. Obwohl die Stadt in Größe und Wirtschaftsleistung nicht mit Abidjan konkurrieren kann, wurde sie vor gut 30 Jahren aufgrund der zentralen Lage zum Regierungssitz erklärt. Bekannt ist die Stadt außerdem für ihre kürzlich erbaute Basilika, welche ein beliebtes Touristenziel darstellt. Sie ist der Versuch einer Kopie des Petersdoms in Rom und wie wir später erfahren, nach dem Ulmer Münster, zweithöchste Kirche der Welt. Wir verfolgen einen Teil des Gottesdienstes und befinden das Interieur als etwas zu kitschig. Später erfahren wir zudem, dass das große Nachbargebäude allein für einen einmaligen Papstbesuch erbaut wurde.

Am Nachmittag erreichen wir Abidjan. Wir können uns glücklich schätzen, dass es Sonntag ist, denn der Verkehr fließt zügig durch die mit Autobahnkreuzen und zahlreichen Brücken verwobene Stadt, die ansonsten stark unter dem hohen Verkehrsaufkommen leidet. Da wir im Zentrum bis in die Dämmerung hinein keinen Stellplatz für die Nacht finden, fahren wir weiter nach Grand Bassam, Naherholungsgebiet am Strand vor Abidjan und nutzen die Gelegenheit, uns von den Strapazen der langen Fahrt zu erholen.

Der Folgetag lässt sich wohl am besten mit der Überschrift „Suche nach dem verlorenen Päckchen“ titulieren. Wir erwarten ein Paket aus Deutschland, dass Philipps Vater für uns losgeschickt hat, um uns mit einem wichtigen Elektronik-Ersatzteil für unsere Reise zu versorgen. Adressat ist das örtliche DHL Büro. Leider ist das Päckchen nicht aufzufinden. Es stellt sich heraus, dass der Paketdienstleister im Ausland nur unter dem Namen DHL express firmiert und für die gewöhnlichen Pakete die lokale Post zuständig ist. Nach langem Zureden, erklärt sich die Dame am Schalter dennoch bereit, beim zentralen Poststelle anzurufen. Dies bleibt leider ohne Erfolg, doch wir bekommen potentielle Adressen, an denen sich unser Paket befinden könnte. Der erste Versuch führt uns in die Hafengegend. Hier werden die ankommenden Sendungen an die anderen Filialen weitergeleitet. Wir erwarten uns nicht viel, als wir das leicht angestaubte Lager betreten. Wir erklären einer freundlichen Dame unser Problem was sie dazu bewegt die vor ihr befindliche Kladde majestätischen Ausmaßes aufzuschlagen und staunen nicht schlecht als wir erkennen, dass in diesem Buch einjede Sendung, die das Lager durchläuft, feinsäuberlich mit Sendungsnummer und Empfängeradresse niedergeschrieben wird. Ein weiterer Mitarbeiter kommt hinzu. Er zückt einen Pappkarton mit der Aufschrift „Frankfurt“. Darin befindet sich ein Stapel voller Einfuhrscheine für Pakete aus Deutschland. Wir fassen neuen Mut. Und tatsächlich: eines der Dokument führt unsere Sendungsnummer. Erneuter Hoffnung folgt die Ernüchterung: das Päckchen ist nicht hier, sondern in irgendeiner Postbox einer Filiale in der Innenstadt. Nach einem Kampf durch den dichten Stadtverkehr betreten wir die besagte Poststelle. Der Mann am Schalter lässt uns schlecht gelaunt wissen, dass wir einen Schlüssel zum Öffnen des Schließfaches benötigen. Wir haben keinen blassen Schimmer, woher wir jetzt einen Schlüssel herzaubern sollen und reden weiter auf ihn ein. Dies bleibt ohne Erfolg. Eigenständig finden wir die Box – verschlossen – und laufen wahllos durch Büros und Hinterzimmer, bis wir plötzlich einen Ausgabeschein in den Händen halten, der uns zur Abholung des Pakets berechtigt. Zurück im Eingangsbereich müssen wir feststellen, dass der Zuständige gerade zum Mittagessen verschwunden ist, was wir ihm gleichtun. Und tatsächlich verlassen wir eine halbe stunde später samt des ersehnten Päckchens das Postamt. Unser eigentliches Glück bemerken wir erst Tage später: Das Paket ist erst gestern hier eingetroffen!

Wir haben genug von der Großstadt, zudem sind unsere Kontaktanfragen an potentielle Anflaufstellen vor Ort nach wie vor unbeantwortet. Also ziehen wir uns noch einen Tag nach Grand Bassam zurück, um das Internet für jede Menge Laptoparbeit zu nutzen und fahren am Folgetag weiter in Richtung Ghana, vorbei an riesigen Bananen- und Palmölplantagen.

Auf dem Weg zur Grenze gibt es keine Probleme, obwohl wir – wie immer – bei jeder Polizeikontrolle angehalten werden. Papiere checken, unsere Absichten erklären, Handshake, weiterfahren.